Annäherung an das Langschwellengleis - Vorbild

Die Archivrecherche hatte ergeben, daß von vornherein für die gesamte Strecke von der Station Wolnzach bis nach Mainburg der Oberbau mit eisernen Langschwellen vorgesehen wurde. Schon im Kostenvoranschlag hieß es: "Abgesehen von den wenigen Geleisen und Spurenverbindungsmitteln, die in der Anschlußstation auszuführen sind und wofür Hauptbahnoberbaumaterialien Verwendung finden werden, ist für den Oberbau das eiserne Langschwellensystem für Lokalbahnen nach den Plänen vom Jahre 1884 der Veranschlagung zu Grunde gelegt."

 

Warum Lang- und keine Querschwellen? Es ist eine Kosten-/Nutzenrechnung, die hier im Hintergrund steht und die dem eisernen Langschwellengleis in Bayern zu einer erstaunlichen Blüte verhalf: Langschwellen waren, besonders seit man das ursprünglich eingesetzte System Hilf's zu Gunsten eines einfacheren aufgegeben hatte, deutlich günstiger als Querschwellen zu produzieren.

 

Der Oberbau mit eisernen Langschwellen war ursprünglich für Hauptbahnen entwickelt worden. Der erste Einsatz durch die Kgl. bay. Staatseisenbahnen erfolgte 1876 auf der Strecke Aschaffenburg-Miltenberg, verwendet wurden Langschwellen nach dem System Hilf. Auf Dauer führte der Einsatz des Langschwellengleises auf den Hauptstrecken jedoch u.a. wegen der zunehmenden Achslasten und Geschwindigkeiten sowie großen Entwässerungsproblemen im Gleis nicht zu den gewünschten Ergebnissen und es wurde zum Oberbau mit Querschwellen gewechselt.

 

Anders dagegen auf den bayerischen Lokalbahnen, wo man von deutlich geringeren Achslasten und Geschwindigkeiten ausging - die Schwierigkeiten bei der Streckenentwässerung nahm man hin. Hier, in Bayern, war man weit davon entfernt, die Bauart nur als Versuchsstück anzusehen und der eiserne Oberbau mit Langschwellen war viel weiter verbreitet, als man zunächst vielleicht annehmen möchte: Ende 1893, also in der 'heißen' Planungsphase zum Bau der Linie Wolnzach-Mainburg, waren 63% aller Strecken dieser Kategorie sowohl in den Strecken- wie in den Nebengleisen mit dem eisernen Langschwellen-System ausgeführt, 10,7% ruhten auf eisernen Querschwellen und 1,3% waren mit den für diese Zeit sehr schweren und besonders breitfüßigen Hartwich-Schienen errichtet worden. Umgekehrt ergibt sich aus diesen Zahlen, daß auf den Lokalbahnen im Kgr. Bayern zu dieser Zeit nur 25% der Schienen auf Holzschwellen lagen. Nebenbei: im Epoche-I-Modellbau stellen sich die Verhältniszahlen (zumindest gefühlt) ganz anders dar.

Bei den Kgl. bay. Staatseisenbahnen hatte man bezüglich der eisernen Langschwellen auf den Lokalbahnen zunächst wie auf den Hauptbahnen auf das System Hilf gesetzt (Hilf war gleichsam der große Konkurrent zu Haarmann), war aber auch hier mit den Ergebnissen nicht zufrieden.

Deshalb erfolgte der Wechsel zu einem einfachen System, dessen Unterbau kastenförmig, allerdings mit schräg stehenden Seitenwänden ausgeführt wurde. Die Pläne zu diesem Langschwellensystem stammten in Bayern aus dem Jahr 1884 und es wurde auf Grund der gemachten Erfahrungen im November 1890 zur Normalie erhoben.

Auf dieser Basis wurde zunächst für die Gesamtstrecke der Eisenbahn in die Hallertau von 23,4 Km Länge das Langschwellengleis vorgesehen, obwohl man sowohl um die höchst eingeschränkte Tauglichkeit der Gleisbauart für lehmige Untergründe wußte als auch um die Bodenbeschaffenheit in der Hallertau, nämlich mächtige Ton- und Lehmschichten dicht unter, oft genug auch bis an die Oberfläche. Noch in der Bauphase 1894 und verstärkt dann im ersten Betriebsjahr 1895 kam es durch diese Mißachtung der natürlichen geologischen Gegebenheiten zu schwerwiegenden Problemen und Streckenverwerfungen. Zunächst versuchte man, sich mit dem Austausch der Kiesbettung (Donau-Flußkies an Stelle des eingebauten lokal verfügbaren Kieses) zu behelfen, jedoch ohne nachhaltige Wirkung. Das führte einerseits dazu, daß an den Stellen, wo die Probleme am stärksten auftraten, das Langschwellen- durch ein Querschwellengleis ersetzt und andererseits für die Baulose II bis IV, also für die gesamte Strecke ab Streckenkilometer 5,8, das letztgenannte Gleis von vorneherein vorgeschrieben wurde.

 

Das kastenförmige Langschwellensystem kann für das 1. Baulos der Lokalbahn, also für die Strecke von 'Station Wolnzach' bis Streckenkilometer 5,8 kurz hinter der 'Haltestelle Wolnzach Markt' sowohl allgemein als Normalie wie auch in einzelnen Detailplänen von (Februar bis April) 1894 sowie in der Endabrechnung über die tatsächlichen Gesamtkosten des Streckenbaus 1896 als tatsächlich verwendet belegt werden.

 

Basis des Systems war eine Packlage, auf der dort, wo die Langschwellen zu liegen kamen, Kies in einer langen Linie aufgehäufelt wurde. Die Langschwellen wurden auf dem Kiesrücken ausgelegt. Auf den trapezförmigen, 8,7 m langen Stahlkästen der Langschwellen wurden das 9,0 m lange bayerische Schienenprofil IV mit Klemmplatten verschraubt. Entgegen dem bei den Querschwellen in Bayern angewandten Prinzip des schwebenden Stoßes setzte man bei dem Langschwellengleis gleichsam auf den festen Stoß, indem die Schienen- und Schwellenstöße gegeneinander versetzt wurden. An den Schienenstößen, die auf den Langschwellen ruhten, wurden die Schienen mit ca. 50 cm langen, vierfach verschraubten Schienenlaschen verbunden.

 

Eine Schwierigkeit bei Langschwellensystemen war das Einhalten der Spurweite, hauptsächlich in den Kurven, aber, gerade unter der zunehmenden Last besonders der Lokomotiven, auch auf den Geraden. Um diesen Kräften entgegenzuwirken, wurden die Schienen eines Gleisstücks mit Spurstangen verbunden, die bis zu 4 cm Durchmesser aufwiesen. Darüberhinaus kann für die Strecke des Holledauer Bockerls belegt werden, daß nicht nur die Schienen, sondern zusätzlich auch die Kästen der Langschwellen mit 5,0 cm starken Spurstangen verbunden wurden. Eine Verlaschung der Langschwellenkästen miteinander ist dagegen für den Bereich des Holledauer Bockerls - zumindest bislang - nicht nachweisbar.

 

Der Zwischenraum zwischen den Langschwellen sowie die außen liegenden Bereiche wurden mit Kies bis zur Oberkante der Schwellen gefüllt. Dieser Kies wurde soweit möglich aus den Geländeabtragungen im Rahmen des Streckenbaus gewonnen, darüberhinaus benötigtes Material aus im Bereich des Streckenbaus zusätzlich angelegten Gruben. Im Bahnhofsbereich wurde der Kies noch zusätzlich mit Sand bedeckt.

Annäherung an das Langschwellengleis - Modell

Lange hatte das Suchen, Überlegen und Ausprobieren gedauert, bis die näheren Einzelheiten des eisernen Langschwellen-Oberbaus klar und ein Weg zum Nachbau gefunden war (ein Weg, der, nebenbei bemerkt, auch die persönlichen Unzulänglichkeiten des Nachbauers einigermaßen zu kaschieren erlaubt). Daß dabei ein Gutteil der Zeit für die vergebliche Suche nach einer früheren Modellumsetzung durch einen Vorreiter, also nach einem möglichen Vorbild für den Nachbau, eingesetzt wurde, sei gleichsam am Rande vermerkt. 

Da der Weg zu diesem Nachbau des Langschwellengleises vielleicht eher verständlich ist, wenn man das Ziel vor Augen hat, schon vorab das Ergebnis des Prozesses:

Ein Punkt ist wichtig und sei dehalb nochmals (vgl. hier) vorangestellt, um bei niemand Erwartungen zu wecken, die nicht erfüllt werden können: das Gleis soll so nachgebildet werden, daß der optische Eindruck des Vorbilds wiedergegeben wird, allerdings nicht im Sinne des exakten Nachbaus. Das angestrebte Ziel ist, daß das, was gebaut wird, problemlos zu den Modulen der IHMB und unserem rollenden Material paßt, also sowohl für Radsätze nach NEM wie für RP25-Radsätze tauglich ist. In der Folge davon fiel die Wahl auf Tillig-Weichen und -Schienenprofile.

Ein Teil der Materialien für den Nachbau.

Zur Nachbildung der eisernen Langschwellen kommen Evergreen-Profile 2x4mm zum Einsatz, auf die die Schienen aufgeklebt werden:

Schiene auf Evergreen-Profil von oben ...

... und von vorne.

Die Evergreenprofil-Schienen-Kombinationen wurde dann versuchsweise mit Krause-Klammern zusammengespannt ...

... und dann durften auch schon mal zwei lange bayerische Lokalbahn-Wagen ...

... und schließlich die BB II darauf posieren.

Damit war ein für mich handhabbarer stabiler und verwerfungssicherer Unterbau gefunden. In der Freude darüber machte ich einen Fehler und begann ein Versuchsstück zu bauen, in dem die beiden Schienen samt Unterbau noch vor der weiteren Ausgestaltung des einzelnen Schienenstrangs eingebracht wurden. Die beiden Langschwellen-Schienenstränge sind deshalb nach der in den beiden folgenden Bildern gezeigten Situation wegen der für mich besseren Bearbeitungsmöglichkeit wieder ausgebaut worden.

Die Basis des eisernen Langschwellenoberbaus bildete eine Packlage, die hier am rechten Ende mit ca. 2-3 mm großen Steinchen angedeutet wird. Auf der Packlage wurde damals beim Original ein Kiesstrang aufgebracht, auf dem die Langschwellen ausgelegt und unterstopft wurden.

Beim Nachbau des Bahnhofs Wolnzach Markt wird die Packlage nicht zu sehen sein, sie ist hier nur zur Verdeutlichung des Systems in einer Näherung dargestellt.

Zunächst erfolgte die Einfärbung der Langschwellenimitation mit Revell AquaColor Rost (Nr. 83). Bei vorangehenden Versuchen hatte ich, um all zu dicke Farbaufträge zu vermeiden, probiert, das Gleissystem durchzugestalten, um es dann erst farblich zu bearbeiten. Weiß auf weiß - da spielten meine Augen nicht recht mit, es fehlte der Kontrast. Deshalb wechselte ich die Methode: jeder nachfolgend beschrieben Schritt wurde für die jeweilige Schiene bzw. das ganze Gleisstück ausgeführt und dann eingefärbt. Beim eigentlichen Bahnhofsnachbau wird die farbliche Gestaltung mit der Airbrush erfolgen, hier, beim Versuchsstück, wurde, da am Eßtisch entstanden, noch die Pinsellackierung angewandt.

 

Im nächsten Schritt erfolgte die Nachbildung der Schwellen- und Schienenstöße in Anlehnung an die bayerischen Langschwellen mit einer Länge von 8,97 m und das zugehörige Schienenprofil IV mit 9 m Länge, im Modell für beides mit einer Länge von 10,5 cm. (Zu diesem Zeitpunkt hatten sowohl die Evergreen-Profile als auch die Tillig-Schienen schon für mehrere Versuche herhalten müssen und zeigten deshalb bereits Beschädigungen.) Um jeweils sicher zu sein, welche Stelle bzw. Markierung für diesen Versuch gültig war, mußten die entsprechenden Stellen stark überzeichnet werden. Beim Nachbau des Bahnhofs werden die Schnitte dann mit einem feinen Metallsägeblatt ausgeführt werden.

Die Schienenstöße lagen beim Vorbild ungefähr mittig auf den Langschwellen und wurden mit vierfach verschraubten Laschen miteinander verbunden. Für den Nachbau bieten sich hier die Weinert'schen Nachbildungen an.

In der Realität waren die Schienen mittels Klemmplatten und Schrauben auf den Langschwellen befestigt worden. Als nächstes wurden deshalb die Klemmplatten nachgebildet. Dafür fanden 1 mm breite und 0,25 mm starke Rechteckprofile von Evergreen Verwendung, die auf Grund der geringen Höhe in Verbindung mit den Tilligprofilen den sicheren, rumpelfreien Einsatz von NEM-Radsätzen garantierten.

Aus den 1 mm breiten Streifen entstanden ca. 1,5 mm lange Abschnitte, die einigermaßen maßstäblich den Original-Klemmplatten von 8,0x12,0 bis 8,5x12,5 cm (das schwankende Maß war möglicherweise einer gewissen damaligen 'Fertigungstoleranz' geschuldet) entsprechen.

Die Klemmplatten wurden über den Schienenfuß und die Langschwellen eingebaut, wobei eine nach den Normalien der Kgl. bay. Staatseisenbahnen angefertigte Schablone gute Dienste leistet.

Nach dem Lackieren der Klemmplatten wurden die im Original verwendeten 4-Kant-Muttern aus einem 0,5 mm breiten Evergreen-Profil mit den Maßen 0,5x0,5 mm geschnitten und auf den Klemmplatten aufgeklebt.

Außermittig aufgesetzte oder langrechteckige statt quadratische Muttern wird es dann beim Bahnhofsnachbau hoffentlich nicht mehr geben.

Nun wurden die Schienen mit Hilfe der Krause-Klammern wieder im Versuchsstück eingebaut ...

... und zur Abwechslung durfte ein 'alter Preuße' das langsam entstehende Gleis kontrollieren.

Nach dem Lackieren der Mutter-Imitationen folgte ein recht spannender Schritt: der Einbau der Spurstangen, gefertigt aus einem 0,5 mm Rundprofil von Evergreen (Durchmesser beim Vorbild: 4 cm). Auch hier hilft wieder eine Normalie bezüglich der ordnungsgemäßen Verteilung der drei Stangen pro Gleisjoch.

Die Verschraubung auf der Außenseite der Schienen wird mit 1,0 mm Rundprofil angedeutet, auf eine Nachbildung auf der Innenseite wurde wegen der nötigen Befahrbarkeit mit Rädern nach NEM verzichtet.

Die eingebauten Spurstangen aus der Nähe und schließlich ...

... noch das Gleis mit den eingebauten Spurstangen von vorne.

Ein Test mit verschiedenen Wagen und damit auch unterschiedlichen Radsätzen ergab, daß das Gleis mit Radsätzen nach NEM oder feiner problemlos befahren werden kann. Abschließend erfolgte noch die Lackierung der Spurstangen.